Kids and Codes
Anfang Oktober fand im Deutschen Technikmuseum Berlin das wieder einmal großartige Vintage Computing Festival 2017 statt.
Im Rahmen dieses Festivals veranstalteten Stefan Höltgen und Michael Rücker von der Humboldt Universität Berlin die Kurztagung „Kids and Codes“, bei der es um die Frage ging, wie man Kinder und Jugendliche für die Sofwareentwicklung begeistern kann.
Stefan Höltgen und Michael Rücker
Nadine Bergner
Ich hatte die Gelegenheit, für die c’t einen Artikel über die Veranstaltung zu schreiben, der online kostenlos verfügbar ist.
Der Artikel konzentriert sich auf die Tagunsgbeiträge von Michael Rücker, Nadine Bergner und Thomas Schmidt. An dieser Stelle möchte ich noch auf die Beiträge von Stefan Jähnichen und Rolf-Dieter Klein eingehen, das sind zwei nach wie vor sehr umtriebigen Pioniere der Computerdidaktik.
Stefan Höltgen und Stefan Jähnichen
Stefan Jähnichen (Technische Universität Berlin) war in den Siebzigerjahren an der Entwicklung und Verbreitung der an ALGOL 60 angelehnten Lehrprogrammiersprache ELAN (Educational Language) und des Lehrbetriebssystems EUMEL (Extendable Multi User Microprocessor ELAN System) beteiligt, die bis in die Neunzigerjahre an Schulen und Universitäten eingesetzt wurden. Jähnichen zeigte, dass die Entwicklung von Lehrsprachen auch forschungsrelevant sein kann: ELAN implementierte etliche innovative Konzepte, etwa die Modularisierung und Datenkapselung mittels eines Paketsystems, welches den Zugriff auf Variablen und Prozeduren von außerhalb der Pakete nur über Interfaces erlaubte und damit Techniken der objektorientierten Programmierung vorwegnahm. Die Architektur des von Joachim Liedke entwickelten Betriebssystems EUMEL realisierte mit einem mittels virtueller Maschine gewährleisteten Speicherschutzes und Persistenzmechanismen ebenfalls wegweisende Eigenschaften. Mikrokerne auf der Basis von EUMEL sind noch heute in sicherheits- und performancekritschen Systemen im Einsatz.
Jähnichen betonte die Wichtigkeit einer guten Informatik-Ausbildung an den Schulen, vor allem angesichts der für jeden Internetnutzer relevanten Fragen nach der Sicherheit und Transparenz digitaler Identitäten und dem technisch ungelösten Problems des „Rechts auf Vergessen“.
Rolf-Dieter Klein
Rolf-Dieter Klein dürfte vielen Menschen als Autor unzähliger Fachpublikationen, Moderator der Sendung ComputerTreff, Entwickler des NDR-Klein-Computers (NKC) und des Spiels Ports of Call in lebhafter Erinnerung sein. In seinem per Skype übermittelten Beitrag nannte Klein das leitende didaktische Konzept beim Entwurf des NKC den bei der Stromversorgung beginnenden modularen und schrittweisen Aufbau. Dies gewährleistet eine Fehlersuche mit einfachen Mitteln und die unbegrenzte Erweiterung der Maschine, die von einer kleinen Fangemeinde weiterhin vorangetrieben wird. Klein ließ Kritik an den beliebten System on a Chip-Architekturen anklingen, welche zum Erwerb eines tiefergehendes Verständnis der Hardware ungeeignet sind. Er nannte es problematisch, dass viele Elektrotechnik-Erstsemester noch nie in Ihrem Leben eine Schaltung gelötet haben. Neben der ausführlichen technischen Darstellung einiger NKC-Komponenten gewährte Klein Einblicke in die Möglichkeiten der Lehrprogrammiersprache GOSI, in der sich in enger Anlehnung an LOGO einfache Grafikanwendungen auf dem NKC schnell umsetzen lassen.
Heitere Zustimmung erntete die Frage eines Zuhörers, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Sendungen wie den ComputerTreff als Erfüllung ihres Bildungsauftrages betrachtet hätten und – wenn dem so sei – warum es derartige Formate heute nur in Ansätzen vorhanden sind.
Die Veröffentlichung der Mitschnitte aller Tagungsbeiträge ist (voraussichtlich zum Jahresende) auf dem Youtube-Kanal von Stefan Höltgen angekündigt.